Urlaub mit der Bahn – und es geht doch gut…

Dieses Jahr sind wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Urlaub gefahren. Langes Warten auf verspätete Züge? Unzuverlässige Zugverbindungen? Schlechte Ausstattung? Unbequemes Sitzen? Stress beim Umsteigen? Stress bei der Fahrt? Verpasste Züge? Zu teuer?

Dies ist der erste Teil der Artikelserie zum Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, im speziellen Reisen nach Marseille.

Um es kurz zu machen: Das ist alles nicht aufgetreten. Wir hatten noch nie eine so entspannte Anfahrt zum Urlaubsziel und wir haben schon verschiedene Dinge ausprobiert: Flugreisen, Urlaube mit PKW im In- und Ausland. Es war immer für irgendjemanden anstrengend- mindestens für den Fahrer, meistens auch für den Beifahrer. Beim Schreiben dieses Artikels saß ich im TGV auf der Rückfahrt bei fast 300km/Stunde und konnte entspannt diesen Text schreiben, niemand musste fahren. Zwischendurch konnte ich zum Ablenken der Gedanken aus dem Fenster schauen. Die Kinder konnten einen Film aus dem Repertoire des TGV-Anbieters schauen oder wir spielten zusammen Gesellschaftsspiele. Die Zeit verging wie im Flug und wir konnten den An- und Abreisetag als weiteren Urlaubstag genießen, während die Landschaft vorbeiflog.

Wie es dazu kam

Wie aufmerksame Leser meines Blogs schon wissen, interessieren mich nicht nur Themen rund um Linux und Open Source, sondern auch Ökologie und Umweltschutz. Ich gehe (oder fahre) gerne weiter als andere in meiner Umgebung, getreu nach dem Motto: Man muss auch schonmal was probieren.

Nach meiner letzten, sehr schlechten Erfahrungen bei der letzten Flugreise nach Spanien war für mich klar, dass ich nicht mehr fliegen möchte. (Nicht „nie“ mehr, aber „nicht mehr möchte“.)
Ökologisch betrachtet ist Fliegen das schlimmste, was wir unserem Planeten zumuten – dicht gefolgt von motorisiertem Individualverkehr.

Für den Individualverkehr habe ich für Fahrten von und zu meinem alten Arbeitgeber endlich eine verträgliche Lösung gefunden, jetzt fehlte nur noch eine Lösung für Urlaubsreisen.

Ich habe schon öfter davon gehört, dass Individualisten und selbstkastaiende Fanatiker Bahnreisen propagieren. Aber für ein Kind vom Lande, wie ich es bin, früher individualverkehrverwöhnt und auf dem Land ausgespottet für meinen Einsatz kostete es etwas Überwindung, die Sache anzugehen.

Nach dem Entschluss, dass wir dieses Jahr einmal etwas ganz anderes machen wollten, wie sonst, ging es darum ein passendes Ziel zu finden. Also haben wir uns erst einmal Ziele angeschaut, die auch für Bahnreisenanfänger wie uns möglich sind- die Vorgaben waren:

  • keine Nachtzüge
  • nicht zu oft umsteigen
  • nicht zu teuer
  • Ziel irgendwo am Meer
  • es soll warm sein

Das Ziel und der Vergleich mit anderen Anreisearten

Das Ziel wurde dann Marseille. Für die, die in Erdkunde nicht so gut waren: Marseille ist die zweitgrößte Stadt in Frankreich und liegt direkt am Mittelmeer, ganz in der Nähe von Montpellier und Toulon. Quelle: Wikipedia

Auch wenn es total unglaublich klingt, aber von so einem Provinzbahnhof wie „Aue-Wingeshausen“ ist der Bahnhof „Saint Charles“ in Marseille in nur 3-4 mal umsteigen erreichbar- und das sogar in mehreren Varianten:

  • Route 1:
    • Aue-Wingeshausen
    • Siegen
    • Frankfurt
    • Marseille
  • Route 2:
    • Aue-Wingeshausen
    • Erndtebrück
    • Marburg
    • Frankfurt
    • Marseille

Gesamtfahrtzeit in beiden Fällen beträgt 12 Stunden- auf der Hinfahrt haben wir noch eine Stunde Zeit-Puffer dazugerechnet. Zudem gab es noch Plan B, um die Strecke zwischen Aue-Wingeshausen -> Bad Laasphe per Taxi zu überbrücken. (Beides war übrigens nicht notwendig- es hat von Kleinigkeiten abgesehen, alles geklappt.) Auf dem Hinweg haben wir uns für Route 2 entschieden, den Rückweg haben wir kurzfristig auf Route 1 umgeplant. Oder, um es genauere Zeiten zu nennen: Wir sind in Marseille um 8:11 losgefahren und werden um 20:12 am Bahnhof Aue-Wingeshausen ankommen.

Gegner der öffentlichen Verkehrsmitteln würden jetzt wieder spotten: „Ja, mit dem Auto wäre man viel schneller.“ Tut mir leid, das ist totaler Schwachsinn. Eine Fahrt von Wingeshausen bis Marseille dauert ebenfalls 12 Stunden- und das sind 12 lange Stunden, mit Stress und Hektik. Keine Pausen eingerechnet, und ganz oft „Wann sind wir da?“ – keine Stauromantik und ähnliches. Stattdessen: Prollgehabe und Präsentationen der Unfähigkeit, ein Fahrzeug zu führen- zumindest auf deutschen Autobahnen.

„Aber eine Flugreise ist schneller!“ Das stimmt schon, ist aber Spitze-auf-Knopf gerechnet: Fahrtzeit 2-2,5h (ohne Stau und Baustellen) +0,5h Parkplatzsuche und ggfls. Shuttlebus/-taxi etc + 3h, die man mindestens vor dem Einchecken Vor-Ort sein soll + 1,5h Flug +0,5h Gepäckausgabe +0,75h Zugfahrt vom Flughafen zum Zentrum= im allerbesten Fall 8,25h. Wer öfter fliegt, kennt die Realität. Viel Unterschied bleibt nicht mehr zu einer Zugreise.

Fortsetzung folgt, aber zum Entspannen ein paar Impressionen von der Reise:

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Kategorisiert in Öko

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